58 Jahre südsteirische Weinstraße
Mit der südsteirischen Weinstraße kam langfristig der Aufschwung für eine gesamte Grenzregion. Zuvor mussten sich Ochsenkarren über eine für Autos unerreichbare Schotterstraße plagen. Am 15. Oktober feiert die Weinstraße ihren Geburtstag, den 58. inzwischen, und aus der armen Grenzregion ist längst ein steirisches Juwel geworden.
Die Südsteiermark in den 50er Jahren. Der zweite Weltkrieg ist gerade erst vorbei und die Besatzungszeit, die Steiermark war britische Besatzungszone, neigt sich langsam dem Ende zu. Die südsteirische Weinstraße in ihrer heutigen Form gibt es noch nicht. „Das war ein geschotterter Weg.
Die Ochsen, die die Karren gezogen haben, mussten wie die Pferde beschlagen werden und für Autos war der Weg ohnehin ungeeignet“, erzählt Anni Kögl. Ihr Vater war bei der Eröffnung der Weinstraße am 15. Oktober 1955 Bürgermeister von Ratsch. Nicht, dass es zu dieser Zeit viele Autos gegeben hätte, erzählt Kögl: „Die Südsteiermark war eine arme Grenzregion. Es gab keine großen Bauernhöfe und die kleinen Bauern waren auf Selbstversorgung eingestellt. Jeder hatte einen Acker und ein paar Kühe. Nur an den sonnigsten Platzerl wurde Wein angebaut.“
Emmy Bullmann und die Straße
Die Weinstraße sollte das langfristig ändern und es war eine Frau, die diese Änderung durchgesetzt hat. Emmy Bullmann gilt als die Mutter der Weinstraße. „Frau Bullmann war eine der ersten, die überhaupt ein Auto besessen hat“, erzählt Anni Kögl. Sogar eine eigene Chauffeurin hätte die Dame gehabt. Sie habe sich auch deshalb für die Erschließung der Weingegend durch eine eigene Straße bemüht, da ihr Mann als Baumeister in Graz gearbeitet habe. Daher habe sie regelmäßig mit dem Auto nach Graz fahren müssen. Nur durch eine erschlossene Straße war auch der noch heute übliche Ab Hof-Verkauf und das damals noch eher unbekannte Konzept des Urlaubs am Bauernhof möglich. Selbst nach der Eröffnung der Weinstraße hätten die Weinbauern, die nicht direkt an der ausgebauten Straße gelegen seien, ihre Weine noch mühsam an die Weinstraße gebracht, da die Wege abseits der neuen Straße weiterhin in schlechten Zustand waren.
Region im Dornröschenschlaf
Doch der Bau der südsteirischen Weinstraße war der Grundstein für den heutigen Erfolg der Weinregion. Wohl auch deshalb schrieb die Tageszeitung „Süd-Ost Tagespost“ damals etwas pathetisch: „Es gibt heutzutage keine Märchen mehr und auch keine Prinzen, die auf der Suche nach einem Dornröschenschloß sind. Darum werden Landschaften wie das südsteirische Grenzland, die dort und da vielleicht noch unerkannt hinter einer Hecke der Verborgenheit in den schönsten Farben und Gestalten träumen, jetzt nur noch durch neue Straßen entdeckt.“ Welchen Stellenwert die südsteirische Weinstraße schon damals hatte zeigt, dass die „Süd-Ost Tagespost“ einen vergleichsweise ausführlichen Bericht mit Foto abdruckte. Das war in einer Zeit, in der Zeitungen oft noch Textwüsten waren, keine Selbstverständlichkeit.
Verzaubert ist die Südsteiermark auch heute noch. Das liegt auch daran, das oft geplante Verbreiterungen und Begradigungen der Weinstraße durch den Protest zahlreicher Stammgäste und Weinbauern erfolgreich verhindert wurden. Ein Juwel ist die Weinstraße aber wohl auch, weil sie zum Teil auf slowenischen Boden verläuft. Zwei Teilstücke, einmal 400 Meter lang und einmal sogar 1800 Meter lang, wurden damals als „neutrale Straße“ zwischen Jugoslawien und Österreich gebaut. Über dieses nicht unumstrittene Kuriosum, erfahren Sie hier in zwei Wochen, zum österreichischen Nationalfeiertag mehr.
Wer mehr über die Geschichte der Weinstraße erfahren will, dem sei folgender Buchtipp ans Herz gelegt.
Die Südsteirische Weinstraße
Zwischen Welschriesling und Klapotetz
Von Bernd Schmidt
Erschienen 2012 in der Edition Winkler-Hermaden
ISBN 978-3-9502845-8-4