Das Projekt Blumenreich Phase II wurde von der ARGE Blumenreich GesmbR im Zeitraum 2008 bis 2013 im Naturpark Südsteiermark durchgeführt. Hauptaugenmerk lag auf der Erhaltung und Pflege von arten- und blütenreichen Wegrändern. In der ersten Phase hieß das Projekt noch „Blumenreich Straßenrand“. Zuerst wurden geeignete Wiesenflächen zur Heudrusch-Produktion (20 ha) ermittelt, um Wiesenpflanzen-Saatgut zu gewinnen. Hier waren neben der ökologischen Vielfalt auch Faktoren wie Zeitpunkt, Art und Dauer der Ernte besonders wichtig.
Ausgangslage
Das Südsteirische Weinland ist berühmt für seine landschaftliche Schönheit. Es gilt, diese liebenswerte vom Menschen geprägte Kulturlandschaft durch neue schonende Formen der Landnutzung und Landschaftspflege zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zusammen mit Hecken und reich strukturierten Waldrändern, Feldholzinseln und vielen anderen „Kleinbiotopen“ erfüllen blütenreiche Weg- und Straßenränder als Saumbiotope wertvolle ökologische Funktionen in dieser Kulturlandschaft.
Im Rahmen des Projektes Blumenreich-Straßenrand werden derzeit 53 km Straßenränder in den fünf Naturparkgemeinden Arnfels, Eichberg-Trautenburg, Gamlitz, Großklein und St. Johann im Saggautal naturnah gepflegt. Das heißt, anstatt die heute übliche Offenhaltung der Böschungen durch Mulchen zu praktizieren, werden die Wegrandstreifen vom Steirischen Maschinenringservice seit vier Jahren gemäht, das Mähgut abgeräumt und zum Teil einer Kompostieranlage zugeführt, zum Teil als Futtermittel und zum Teil zur Produktion von Wildpflanzen-Saatgut verwendet. Mittlerweile konnten sich durch die naturnahe Böschungspflege über 350 Pflanzenarten, darunter zahlreiche gefährdete Arten wie Orchideen, auf den Wegrändern entwickeln.
Eine Vegetationskartierung hat ergeben, dass sich unter den dreizehn erhobenen Wegrandgesellschaften zahlreiche seltene und gefährdete Böschungstypen mit wiesenartigem Bewuchs befinden. So haben sich auf südseitig ausgerichteten und trockenen Standorten Trocken- und Magerrasen unterschiedlichster Ausprägung und höchster Schutzwürdigkeit ausgebildet. Dazu zählen der Gamander-Trockenrasen, der Trespen-Halbtrockenrasen und die Salbei-Glatthaferwiese.
Aber auch Problembereiche wurden offenkundig. So werden vielerorts Böschungen überhaupt nicht mehr oder nur mehr selten gemäht. Die Folge sind Verbrachung und Verbuschung von wertvollen Teilen der Kulturlandschaft. Die damit einhergehende „Verwaldung“ wirkt sich negativ auf den Naturhaushalt und auf den Erholungswert der Landschaft aus, weil dadurch viele reizvolle Ausblicke auf die Umgebung verloren gehen.
Projektinhalt:
Im Jahr 2007 wurde mit der Gewinnung von Wildpflanzen-Saatgut begonnen. Als Ernteflächen wurden zusätzlich zu den Wegrändern artenreiche Wiesenflächen ausgewählt. Nach dem Pressen und Trocknung des Mähgutes in einer Trocknungsanlage werden die Rundballen mit dem Mähdrescher gedroschen und das Saatgut in Papiersäcke abgefüllt. Beim Heudrusch erhält man nicht nur Wildpflanzensamen, auch das „luftgetrocknete“, staubfreie und kräuterreiche Heu eignet sich hervorragend zur Verfütterung an Pferde, Schafe und Ziegen.
Durch die Gewinnung von Wildpflanzen-Saatgut wird ein einzigartiges, unverfälschtes Naturpark-Produkt hergestellt. Gleichzeitig wird die regionale Wertschöpfung erhöht und eine zusätzliche Einkommensquelle in der Landschaftspflege geschaffen. Wildblumen-Saatgut in größeren Mengen wird vor allem für Bereiche, die nach großflächigen Baumaßnahmen rekultiviert werden müssen wie beispielsweise Wiederbegrünung von Straßenböschungen sowie zur Neuanlage von Wiesenflächen, eingesetzt. Im Privatbereich ist das Interesse an einzelnen Pflanzensamen groß – z.B. für die Ansaat von Blumenkästen oder Blumenwiesen im Garten. Die Ernte von Wildblumen-Saatgut sichert den Fortbestand bunter Blumenwiesen im Naturpark und somit die Erhaltung des charakteristischen Landschaftsbildes.
In einem weiteren Projektschritt ist geplant, einerseits die naturnahe Pflege der Wegböschungen auf weitere Flächen auszuweiten und zu optimieren und andererseits die Gewinnung von Wildblumen-Saatgut und dessen Vermarktung zu forcieren. Insgesamt soll die Erntefläche in den nächsten Jahren auf ca. 20 ha artenreiche Wiesenflächen erweitert werden. Damit die Qualitätssicherung des Saatgutes gewährleistet ist, sind die ökologisch wertvollen Wiesen im Projektgebiet planmäßig zu erfassen (siehe Kulturlandschaftsprogramm „Südsteirisches Weinland“) und mittels Vegetationsaufnahmen der ökologische Wert dieser Bereiche zu dokumentieren. Die Koordination und Kontrolle der Einhaltung der Pflegepläne sowie der Ernte von Wildblumen-Saatgut ist durchzuführen. Durch die Zusammenarbeit mit der FA 18D, Verkehrserschließung im ländlichen Raum, ist die Abnahme eines Großteils des Wildpflanzen-Saatgutes gesichert.
Bei der Vermarktung (Entwicklung einer Heubörse) des durch Lufttrocknen qualitativ hochwertigen Heus wird die Kooperation mit dem Weide- und Landschaftspflegeverein angestrebt. Gleichzeitig ergeben sich im Hinblick auf den Transport und die Lagerung des Heus Synergien.
Durch die Optimierung der Heuernte eignet sich das an Kräutern reiche Heu auch bestens als „Wellness-Produkt“ wie beispielsweise für Heubäder. Daher ist für die Vermarktung des Heus im Wellness-Bereich die Zusammenarbeit mit regionalen Tourismusbetrieben geplant. Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit (Vorträge, Wanderungen, …) und dem Einrichten einer Website, die über die Blühaspekte zu den verschiedenen Jahreszeiten informiert, sollen Zusammenhänge für Natur und Umwelt bewusst gemacht werden. Synergien mit dem „sanften Tourismus“ ergeben sich durch den Wanderführer „Blumenreich-Straßenrand“, dessen 3. Auflage in Vorbereitung ist.
Ziele
Für die Bevölkerung soll das Projekt Impulse für eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsraumgestaltung liefern und über die Laufzeit hinaus regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang bringen.
- Erhaltung und fachgerechte Pflege von arten- und blütenreichen Wegrändern.
- Sichern von Lebensräumen für Flora und Fauna.
- Verringerung der Pflegeintensität in der Straßenrandbewirtschaftung – weniger mähen, kein Verstopfen der Straßengräben durch das Mulchmaterial, dadurch Reduktion der Kosten (Beim Mulchen kommt es durch das liegenbleibende Mähgut zur Anreicherung von Nährstoffen. Dies führt u.a. zur Zunahme einförmiger Pflanzenbestände und zu vermehrtem Pflanzenwachstum. Die Folge: es muss immer öfter gemulcht werden. Durch das Abräumen und Entfernen des Mähgutes werden Nährstoffe entzogen. Die Böschungen sind dadurch bunter und artenreicher).
- Schaffung von Arbeitsplätzen im Bereich der Landschaftspflege.
- Entwicklung neuer Produkte (Wildpflanzen-Saatgut, Heubad, Polster, etc.)
- Positive Synergieeffekte für den Tourismus.
- Bewusstseinsbildung.
- Offenhaltung der Landschaft.
- Aufwertung des Landschaftsbildes.
- Steigerung der Naturwahrnehmung sowie Erhöhung der Erholungseignung.
Arge-Sprecher: Bgm. LAbg. Peter Tschernko
Risken, Besonderheiten, Schnittstellen, Einfluss auf andere Projekte, Abgrenzungen:
Wie in der ganzen Steiermark gibt es auch im Naturpark Südsteiermark einen dramatischen Rückgang an Landschaftselementen wie Wiesen und Weiden. Zurückzuführen ist dies auf geänderte landwirtschaftliche Rahmenbedingungen, die beispielsweise seit 1990 zu einem Rückgang der Rinder haltenden Betriebe im Bezirk Leibnitz um 63 Prozent geführt haben. Durch den dadurch stark gesunkenen Futterbedarf, sind Gras und Heu nicht mehr gefragt – Mähgut ist zu einem „Abfallprodukt“ geworden. Verbunden damit sind die Schwierigkeiten der sinnvollen und wirtschaftlich rentablen Mähgutnutzung. Durch die Gewinnung von Wildpflanzen-Saatgut wird nicht nur ein einzigartiges, unverfälschtes Naturpark-Produkt hergestellt, sondern sie sichert den Fortbestand bunter Blumenwiesen im Naturpark und somit die Erhaltung des charakteristischen Landschaftsbildes.